Fremde Pferde füttern - ist das erlaubt? | cavallo.de

2022-10-08 20:16:39 By : Ms. Rainbow Biotech

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Fremde Pferde auf der Koppel zu füttern ist für Familien eine nette Abwechslung. Der Gefahren ist sich kaum einer bewusst. Wie können Pferdebesitzer aufklären?

Pferde auf der Koppel ziehen Besucher magisch an. Leider können sie es viel zu oft nicht lassen, die Tiere auch anzufassen oder sogar zu füttern. Warum verstehen so viele Zaungäste nicht, wie gefährlich das sein kann? Was können wir tun, um anderen mehr Wissen über den richtigen Umgang mit Pferden zu vermitteln?

Wir diskutieren mit der Vorstandsvorsitzenden des Vereins "Pferde für unsere Kinder e.V.", dem Chefredakteur des Magazins outdoor und der Leiterin eines Pferdehofs mit pädagogischen Angeboten über die Hintergründe des fehlenden Problembewusstseins – und Möglichkeiten zur Aufklärung.

Nadine Szymanski: Alex, wir sind Kollegen und arbeiten im gleichen Verlagshaus. Mit Pferden hast du nichts am Hut. Aber du bist Vater und gerne in der Natur unterwegs. War die Pferdekoppel für euch auch ein Ausflugsziel, als deine Kinder noch kleiner waren?

Alex Krapp: Meine Tochter ist viele Jahre lang geritten. Deshalb kamen wir gar nicht in die Versuchung, fremde Pferde zu streicheln oder zu füttern. Wir haben uns also nur mit den Pferden beschäftigt, zu denen wir ohnehin Kontakt hatten.

Nadine Szymanski: Kannst du dir vorstellen, dass Pferdebesitzer sich sorgen, wenn Fremde ihre Tiere anfassen oder füttern?

Alex Krapp: Ich würde aus dem Bauch heraus sagen, dass Menschen, die sich für Natur interessieren, wissen, dass man keine fremden Tiere füttert, die auf einer Weide stehen. Aber es scheint ja vorzukommen. Insofern ist das wohl ein generelles Thema und keines, das nur Wanderer im Speziellen betrifft. Das Problem sehe ich in erster Linie woanders: Ich selbst bin auf dem Land groß geworden und hatte deshalb einen engen Bezug zur Natur und viel Kontakt zu Tieren. Heute sind viele Kinder nicht mehr so viel oder gar nicht draußen unterwegs. Und wenn sie es dann doch mal tun, verhalten sie sich ohne Aufsicht sicherlich nicht immer richtig.

Nadine Szymanski: Frau Berkhoff, im Vorgespräch haben Sie mir erzählt, dass manche Kinder Kuh und Pferd nicht unterscheiden können. Kommen auf Ihren Hof häufig Kinder und Eltern, die den Umgang mit Tieren gar nicht kennen?

Brigitte Berkhoff: Der Bezug zu Tieren ist viel weniger vorhanden, als ich das von früher kenne. Nicht nur bei den Kindern. Das fängt schon bei den Eltern an. Ich erlebe oft zwei Extreme: Entweder gibt es ganz große Berührungsängste oder die Tiere werden als reine Streichelobjekte gesehen. Wenn eine ganze Schulklasse da ist, muss ich aufpassen, dass sie nicht wie ein Überfallkommando über die Pferde herfällt. Die Grundvorsicht vor einem anderen Lebewesen vermisse ich immer häufiger.

Dr. Christina Münch: Ich bin auch der Meinung, dass wir in unserer heutigen Zeit wieder mehr Zugang zur Natur und den Tieren brauchen. Wie Herr Krapp beschreibt, bleiben viele Kinder zu Hause und gehen in ihrer Freizeit kaum noch vor die Tür. Um diese Entwicklung umzukehren, müssen wir die Faszination der Tiere nutzen. Das Thema Pferd interessiert rund 85 Prozent der Bevölkerung. Doch wie kommen Familien mit dem Tier in Kontakt? Das Angebot von Betrieben mit Pferden hat abgenommen, weil es in der Vergangenheit oftmals nicht wirtschaftlich und damit nachhaltig war. Während der Corona-Pandemie haben ein Drittel der Betriebe aufgehört oder das Angebot verändert, weil sie sonst nicht hätten überleben können. Pferdehalter haben sich in den letzten Jahrzehnten in ihren eigenen "Inner Circle" zurückgezogen. Sie bleiben unter sich und schlagen damit für Außenstehende die Tür zu ihrer Welt zu.

Das müssen wir ändern. Deshalb setzen wir uns als Verein dafür ein, für die Kinder mit entsprechenden Angeboten wieder mehr Berührungspunkte mit Pferden zu schaffen. Dabei sind die Eltern manchmal ein harter Brocken für uns. Ihnen selbst war es oft schon als Kind nicht vergönnt, durch und mit dem Tier lernen zu können. Daher fehlt ihnen zum einen das Verständnis. Zum anderen möchten sie, dass ihr Kind sicher ist. Versicherungsfragen sind daher ein großes Thema.

Brigitte Berkhoff: Ja, das Bedürfnis, sich abzusichern, ist sehr präsent. Deshalb müssen Kinder aber auch den richtigen Umgang mit Tieren schon früh kennenlernen, in einem geschützten Rahmen, unabhängig von ihren Eltern. Ich finde, die Schule könnte die Natur als aktiven Lernort mehr nutzen. Wie viele Kinder sitzen dort, die sich nicht konzentrieren und nicht stillhalten können? Kinder wollen auch gar nicht stillhalten! Eigentlich wollen Kinder von morgens bis abends lernen. Aber nicht so, wie es in vielen Schulen tagein und tagaus passiert. Lernen muss kindgerechter gestaltet werden.

Was wir brauchen, um unsere Gesellschaft wieder zukunftsfähig zu machen, muss nicht im Buch, auf Arbeitsblättern oder in irgendwelchen Workshops in der Schule stattfinden. Ich bin dafür, dass wir den Lernstoff mit nach draußen nehmen. Warum nicht den ganzen Sachunterricht, vernetzt mit den Betrieben, mit der Landwirtschaft, mit der Natur anbieten? Da würde effektives, emotionales Lernen stattfinden. Im Wald hat kein Kind Langeweile. Der Umgang mit Tieren in der Schule hat bekanntermaßen gute Effekte. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass Wissen und Bewegung zusammenhängen. Artgerechte Haltung von Kindern findet nicht in Klassenräumen statt.

Alex Krapp: Die Frage bleibt, wie man das erreicht. Natürlich ist das eine schöne Idee, die Frau Berkhoff schildert. Ich glaube aber auch, dass in den Familien wieder anders gelebt werden muss. Meine Mutter hat mich früher bei fast jedem Wetter nach draußen zum Spielen geschickt. Da half auch kein Jammern. Und siehe da, wir Kinder haben immer irgendetwas gefunden, womit wir uns beschäftigen konnten. Die Ideen kommen dann von selbst, dafür braucht ein Kind keine Anleitung. Klar machen Kinder draußen auch mal Blödsinn. Aber das gehört zum Prozess des Lernens und dient dazu, Grenzen kennenzulernen. Das setzt meines Erachtens von den Eltern eine gewisse Konsequenz voraus, um das mal klar zu sagen. Sie müssen Vertrauen aufbringen und ihre eigene Angst überwinden. Natürlich geht dann auch mal was in die Hose. Das war früher nicht anders. Aber wenn man diese Erfahrungen gegen die Sicherheit eintauscht, haben wir das, was wir heute erleben.

Nadine Szymanski: Für uns Pferdebesitzer wird die Situation dadurch nicht besser. Es ist toll, wenn Kinder alleine rausgehen und sich ausprobieren dürfen, aber wenn sie dabei auf eine fremde Koppel laufen und auf ein fremdes Pferd hüpfen, ist das nicht besonders lustig für Pferdehalter. Kurzum: Ich finde es nicht gut, wenn Eltern übervorsichtig sind. Aber Kinder einfach gewähren zu lassen, finde ich auch nicht in Ordnung.

Brigitte Berkhoff: Die Lösung liegt wohl irgendwo dazwischen. Oder, ich wiederhole mich: Hier kann sich die Schule auch Einiges zunutze machen. Es gibt ein neues, spannendes Konzept: die Movement-Methode. Sie soll Lehrern helfen, Ideen für das Unterrichten in einer lernfreundlicheren Umgebung zu gestalten. Dabei wird das Lernen mit Bewegung kombiniert. An der Mammutschule im nordrhein-westfälischen Ahlen, einer Schule in einem Stadtteil mit hohem Entwicklungsbedarf, wird diese Methode nun praktiziert, wissenschaftlich begleitet von der Sporthochschule in Köln. Die ersten Ergebnisse sind schon jetzt außergewöhnlich vielversprechend.

Durch meine Arbeit habe ich engen Kontakt zu Schulen in meiner Umgebung und kann von einem Fall berichten, der mich sehr berührt hat: Drei Kinder hatten beim Spielen Entenküken mit Steinen beworfen, bis sie ertrunken sind, ohne jegliches Mitgefühl. Eines der Kinder bekam ein schlechtes Gewissen und beichtete der Klassenlehrerin den Vorfall. Die Lehrerin bat mich um Rat, weil sie wusste, dass sie von den Eltern der Kinder wenig Unterstützung erfahren würde und sich nur mit einer Strafe nichts geändert hätte. Ich habe dann meinen zahmen Hahn mit in die Schule genommen. Die Kinder waren fasziniert. Sie haben das Tier beobachtet, durften es anfassen und füttern. Ganz nebenbei bemerkten sie, wann der Hahn unsicher wurde und wie er sich verhält. Als neue Kinder dazukamen, musste ich gar nichts sagen. Die Kinder selbst wiesen ihre Kameraden aus der anderen Klasse an, nicht zu laut zu sein und sich nicht zu schnell zu bewegen.

Es gibt so viele Möglichkeiten, Kindern den Kontakt zum Tier näherzubringen und damit auch ihr Mitgefühl zu wecken. Sie müssen es nur erleben können. Darin sehe ich auch eine große Chance für die Schulen. Nur dort können wir die Kinder erreichen und nicht am Nachmittag, wenn sie lieber vor dem Computer oder Smartphone hocken.

Dr. Christina Münch: Ich sehe das genauso. Wir konnten im vergangenem Jahr Frau Baumüller-Söder, die Ehefrau des bayerischen Ministerpräsidenten, als Botschafterin für unsere Vereinsarbeit begeistern. Sie hat sich das Ziel gesetzt, dass jedes Kind in Bayern mindestens einmal in seiner Schulzeit mit und durch das Pferd lernen kann. Bis solch ein Konzept verwirklicht ist, müssen sich noch viele Räder drehen, aber wichtig ist die Erkenntnis, dass das Pferd für die Persönlichkeitsentwicklung des Kinds eine Rolle spielt und dass unterschiedliche Akteure zusammenwirken sollten.

Wir als Tierhalter haben das Privileg, dass wir mit und von dem Tier gelernt haben. Damit ein Kind das Pferd nicht nur noch aus Kinderbüchern oder Filmen kennt, können wir unseren Beitrag leisten, es mit dem echten Tier vertraut zu machen. Bei allem Verständnis für die Sorgen der Pferdehalter müssen wir sie dafür sensibilisieren, dass sie in der Verantwortung sind, Wissen zu vermitteln und positiv aufzutreten. Studien belegen, dass ein Drittel aller Erstkontakte zum Pferd draußen in der Natur passiert – wo Pferde gehalten werden. Wenn diejenigen, die Kontakt zum Pferd suchen, auf Pferdebesitzer treffen, die unfreundlich reagieren oder sogar schimpfen, ist nichts erreicht. Im Gegenteil: Das ist totale Negativwerbung für unser schönes Hobby!

Nadine Szymanski: Wir Pferdebesitzer sollten uns also bewusst machen, wie viel wir erreichen können, wenn wir nur freundlich auf Besucher zugehen und mit ihnen sprechen?

Dr. Christina Münch: Aber klar! Ein Beispiel dafür: Eine Reitergruppe trifft eine Familie im Wald, grüßt freundlich und erlaubt den Kindern, mal die Pferde zu streicheln. Nach dieser positiven Erfahrung ist die Familie sicher eher bereit, sich mit Pferden weiter zu befassen und sich zu informieren, als wenn die Reiter ohne ein Wort vorbeigeritten wären.

Das erste Interesse wird meiner Meinung nach zunächst durch einen möglichst einfachen, aber spannenden Zugang geweckt, nicht durch Infobroschüren und schon gar nicht durch Verbotsschilder am Koppelzaun. Wer erstmal zehn Seiten Text lesen muss, hat schon keine Lust mehr auf das Thema. Deshalb ist es vermutlich so schwierig, auf medialer Ebene Informationen zum Umgang mit Pferden zu transportieren. Nur wenn wir es schaffen, einfache Brücken zu bauen und Türen zu öffnen, damit die Menschen sich wieder mehr mit Pferden beschäftigen, können wir Wissen über den Umgang mit den Tieren in die breite Öffentlichkeit bringen.

Das direkte Erleben öffnet Türen und Herzen. Und dazu sollte in erster Linie jeder Pferdebesitzer seinen Teil beitragen.

Alex Krapp: Absolut. Ihr Pferdebesitzer habt es in der Hand, andere nett anzusprechen. Ein Schild mit der Aufschrift "Füttern verboten!" zum Beispiel könnte deutlich freundlich formuliert werden. Der Ton macht die Musik!

Aufklärung ist das Rezept gegen übergriffige Besucher an der Pferdekoppel. Wir wollen, dass Kinder den richtigen Umgang mit Pferden lernen. Die Redaktion stellt daher gerne Informationsmaterial und kompetente Ansprechpartner zur Verfügung. Merkblätter sowie Vorlagen für Koppelschilder bieten wir zum kostenlosen Download an. Mehr: www.cavallo.de/weidesicherheit

Im Rahmen einer Videokonferenz tauschten sich die Teilnehmer über unser Diskussionsthema "Unsere Pferde sind kein Streichelzoo" aus.

Nadine Szymanski ist CAVALLO-Redakteurin und kennt als Pferdebesitzerin die Sorgen.

Dr. Christina Münch engagiert sich für Kontakt zum Pferd. pferde-fuer-unsere-kinder.de

Alex Krapp ist Chefredakteur des Magazins outdoor für Naturliebhaber. outdoor-magazin.com

Brigitte Berkhoff vermittelt auf ihrem Hof den Umgang mit Pferden. mensch-pferd.info

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